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Rano Raraku

Die Bildhauerwerkstatt am Rano Raraku

Es gibt auf der Osterinsel viele sehenswerte Orte, doch der interessanteste ist zweifellos der Krater des erloschenen Vulkans Rano Raraku im Südosten der Insel. Hier befand sich einst die wichtigste Bildhauerwerkstatt.

 

Vielleicht kriegen es die heutigen Spezialisten mit immer modernerer Technik eines Tage doch noch hin, den Bildhauern eine Vergangenheit zu geben.

 

Schaut Euch im Steinbruch um und vergleicht das hier Geschaffene mit den Leistungen anderer Völker des Erdballs.

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Fährt man auf der Straße von der Südküste auf den Vulkan zu, dann zeigt sich ziemlich unvermittelt die hohe Steilwand des Kraters und man erkennt schon aus der Ferne, am Fuße des Felsens, die aus dem Schutt herausschauenden Figuren. Foto: Moritz Hertel

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Die Luftaufnahme des Rano Raraku zeigt die Felswand vorn mit einem Teil der Bildhauerwerkstätten. Foto: created by AirPano

Die Werkstätten der Bildhauer befanden sich am inneren und äußeren südlichen Kraterrand.

Hier wurde die Mehrzahl der Moais „geboren“.

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Auch hier zeugen auf dem Katerrand liegen gebliebene Statuen von dem plötzlichen Ende der Bildhauertätigkeit. In den tieferen Bereichen schauen noch zahlreiche Moais aus dem Boden hervor. Foto: Peter Hertel

Was wissen wir über die Tätigkeit der Bildhauer? 

Im Bericht von Behrens aus dem Jahr 1722 deutet das folgende Zitat auf einen kurzen Besuch einiger Holländer am Rano Raraku hin:

„Der Verfasser der holländischen Nachricht saget, einer von diesen Götzen sei in einen, über einen anderen erhabenen Felsen gehauen und von einer so ungeheuren Dicke gewesen, dass ihn sieben Mann mit ausgestreckten Armen nicht hätten umfassen können, wobei er noch die Höhe von drei Mann gehabt, so dass es unmöglich zu sein geschienen, dass die Aufthärmung dieser ungeheuren Stücke das Werk menschlicher Kräfte gewesen.“

 

Nach unseren Recherchen gibt es aber keinen Hinweis darauf, dass europäische Besucher irgendwann noch tätige Bildhauer angetroffen haben.

 

Hätten die Künstler, so wie das beispielsweise Thor Heyerdahl einst vermutete, die Arbeit im Steinbruch erst 1680 beendet dann wären die Europäer 42 Jahre später noch auf Spuren der Bildhauer, wie Hütten, Schutzdächer oder Arbeitsbühnen gestoßen. Doch nichts dergleichen wurde berichtet.

 

Lediglich Steinbeile, teilweise aus dem auf der Insel vorkommenden Obsidian geschlagen, lagen bis vor einigen Jahren noch in größerer Zahl im Steinbruch. Doch sie sind inzwischen auch verschwunden und teilweise mit eifrigen Sammlern von der Insel weggeflogen.

 

Einig sind sich die meisten Autoren nur darin, dass die Arbeit im Steinbruch ziemlich abrupt beendet wurde. Das kann man aus den knapp 400 noch vor Ort liegenden Statuen, die größtenteils unvollendet sind, durchaus schlussfolgern. Wir kommen später auf den Vorteil dieser Tatsache zurück.

 

Liebe Freunde, ehe wir uns den Krater genauer ansehen, lasst uns doch vorher einige bemerkenswerte Eindrücke früherer Besucher lesen:

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Im Innenraum des Rano Rarako befinden sich noch zahlreiche, meist nur halbfertige Moais.

Foto: Moritz Hertel

Miloslav Stingl (1930 bis 2020): „Es will mir scheinen, dass diese gigantischen Riesen in ihrer unerschütterlichen Ruhe viel weiter sind als wir, die wir hasten, suchen und nicht finden. Die Moais stehen unerschütterlich da, als stünden sie hier seit Anbeginn der Zeiten. Und Du Mensch, quäle Dich weiter, wenn Du unbedingt die Wahrheit erkennen willst. Wir werden Dir nichts verraten. Blicke uns ins Antlitz. Blicke auf unseren Mund: Unsere Lippen sind geschlossen, unsere Augen blind.“

 

Francis Maziere  (1924 bis 1994) schreibt in seinem Buch „Insel des Schweigens“:

„Während der drei Wochen, die wir mitten unter den Statuen zubrachten, haben wir sie im Licht der Sonne, bei Mondschein und in Gewitternächten gesehen. Wie am ersten Tag waren wir stets von neuem wieder in der gleichen Weise tief berührt und verspürten die gleiche Unruhe. Man geht in diesem Steinbruch umher, als wäre Feiertag. Die Arbeiter sind gerade in das Dorf gegangen, doch werden sie morgen wiederkommen. Von neuem werden die Abhänge des Berges von den Schlägen der Steinhämmer widerhallen. Lachen wird zu hören sein. Man wird die Gespräche und die rhythmischen Gesänge der Männer vernehmen, welche die Statuen schleppen. Weshalb sollten die Bildhauer nicht zurückkehren? Sie haben ja ihr Arbeitsgerät zu Füßen ihrer Werke liegen lassen: man braucht sich nur zu bücken, um die Werkzeuge aufzulesen. 

Man muss im Steinbruch über die Körper der Statuen hinüber klettern, sich an ihren Nasen festhalten und über Blöcke und glatte Flächen von Tuffstein hinwegturnen, die in Statuen oder Embryos von Statuen verwandelt worden sind. Zunächst erkennt man nur ein oder zwei Figuren, um dann plötzlich festzustellen, dass man selbst auf dem gewaltigen Bogen einer Augenbraue sitzt. Man erhebt sich sofort, um sie näher zu untersuchen, sieht jedoch daneben Hände, die gegen einen Leib gelegt sind, und gewahrt in der Nähe dieses Torso wieder einen anderen Kopf.“

Liebe Freunde, ja auch diese Sätze sind nur Gefühle und keine Wissenschaft – aber doch schön zu lesen.

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In den Krater des Rano Rarako gibt es nur einen Zugang an der westlichen Seite.

Foto: Peter Hertel

Schauen wir uns im Krater näher um. 

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Diese Zeichnung der südlichen äußeren Kraterwand stammt von der englischen Expedition (Routledge 1914/15) und verdeutlicht die Situation vor über 100 Jahren. Das Bild hat sich bis heute kaum verändert und widerlegt die These, dass die Statuen laufend weiter versinken oder weiter verschüttet werden. Zeichnung: Expedition Katherine Routledge

Die für uns interessante Frage war: Können wir aus den Resten der Bildhauerwerkstätten Schlussfolgerungen über die einstige Arbeitsweise ziehen?

Die Antwort ist „Ja“, denn wir finden heute noch die Moais in den unterschiedlichsten Fertigungsstadien vor. Das ermöglicht eine Analyse des Ablaufs der Arbeiten. 

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Die Bildhauer mussten zunächst und das war eine der verantwortungsvollsten Tätigkeiten, Gesteinsmassive heraussuchen, die eine durchgängig feste und geeignete Struktur besitzen. Aus deren Ausdehnung resultierten logischerweise später auch die unterschiedlichen Größen der Statuen. Danach galt es einen Arbeitsgang um den Rohling herauszuhauen, in dem sich die Arbeiter mit ihren Steinbeilen gerade noch bewegen konnten. Foto: Peter Hertel

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Zur leichteren Bearbeitung der Gesamtfigur ließen die Bildhauer zunächst unter dem Rohling einen, noch fest mit dem Felsen verbundenen, Kiel stehen. So konnten sie die Statue auf allen Seiten, bis auf den zukünftigen Rücken, sicher und in Ruhe bearbeiten. Foto: Peter Hertel

Thor Heyerdahl wollte es 1955 wissen und ermunterte Insulaner noch einmal eine Statue aus dem Fels zu hauen. Er konnte die Männer der damaligen Atansippe dafür begeistern, doch die wollten als Gegenleistung einen halben gebratenen Ochsen. Dumm nur, das der Vertrag lautete: Erst den Ochsen essen und dann arbeiten. Kurzum, der Versuch misslang. Was aber nicht an dem Ochsen lag und auch nicht zu dem Schluss führen sollte, dass es so nicht ging. Ursache für das Scheitern waren ganz einfach die ungeübten Arbeiter.

Liebe Freunde, vielleicht schaut Ihr mal bei einem örtlichen Steinmetz vorbei. Der verrät Euch noch wesentlich detaillierter die Kunst, welche sich dahinter verbirgt.

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Der einzige Bildhauerversuch in der Neuzeit (durch Heyerdahl) brachte ein sehr karges Ergebnis. Das aktuelle Foto (links) zeigt die gleiche Felswand wie rechts in der Aufnahme von Heyerdahl.  Damals wurden noch die Umrisse der angeblich herausgehauenen Statue mit Kreide nachgezeichnet, die inzwischen auch verblasst ist. Die Bilder zeigen auch, dass hier keinesfalls nach der alten Methode gearbeitet wurde. Denn ursprünglich wurde zuerst der Rohling für die gesamte Statue freigelegt. Foto: Tim Gernitz/Archiv Heyerdahl

Liebe Freunde: Die Aussagen von heutigen Autoren zur Härte des Gesteins liegen zwischen „mit einem Taschenmesser schnitzbar“ und eine „Stahl-Axt springt funkensprühend ab“. Dahinter steckte einfach nur die Untermauerung ihrer privaten Thesen, dass diese Arbeit entweder unmöglich war oder so mal kurz vor dem Frühstück erledigt werden konnte. 

 

In Wirklichkeit wird es wohl hier wie auch anderswo zu allen Zeiten und in allen Teilen der Welt gewesen sein: Es gab ausreichend qualifizierte Steinmetze, denen die Arbeit nicht nur Freude machte, sondern die auch genau wussten, wie sie mit dem Gestein umgehen mussten.

 

Schauen wir uns jetzt an, was die halbfertigen Moais im Steinbruch verraten:

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Nach der Fertigstellung der Statue, die noch immer über den Kiel am Rücken mit dem Gestein verbunden war, wurden bei den Rohlingen auf Höhe des zukünftigen Rückens mehrere Löcher in den Kiel gehauen. Foto: Peter Hertel

Anschließend hat man in die Kiellöcher Holzstämme gesteckt und die Statue vom restlichen Kiel getrennt. Sie lag nun, ohne sie anheben zu müssen, auf den Rollen. Es waren vermutlich stabile Palmenstämme, die in der Inselvegetation damals noch vorhanden waren. Das hatten Pollenuntersuchungen in den Kraterseen ergeben. 

Die dann auf Rollen liegenden Moais waren über Seile gesichert und konnten langsam zu Tale transportiert werden. Für kleinere Statuen wurden zweifellos auch andere Verfahren angewandt.

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Die oberen Enden der Seile wurden über in den Löchern auf dem Kraterrand verkeilten Holzpfosten, als Rutschbremse, gesichert. Foto: Peter Hertel

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Am Fuße des Kraters, gewissermaßen dem Fertigwarenlager, wurden die mit dem Gesicht nach oben und schräg nach hinten geneigten Körper angekommenen Statuen, durch einfache Erdarbeiten aufgerichtet und ihre Rücken dann fertig behauen. Foto: Tim Gernitz

Nach der Fertigstellung musste die Statue noch nach vorn, mit der Nase nach unten, auf ein vorbereitetes, hölzernes Transportgestell gekippt werden. Diese Lage wurde erforderlich, weil die Aufstellung auf den Plattformen, den sogenannten Ahus, am Ufer nur von der Landseite aus möglich war und die Moais ins Land schauen sollten. Ein Drehen der Moais auf dem Transportschlitten um die eigene Achse war damals offenbar technisch nicht oder nur schwer zu bewältigen. 

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